Auch, wenn es im ersten Moment nicht so aussieht, gibt es Parallelen zum gegenwärtigen Geschehen: Als 1986 am Reaktor von Tschernobyl der Größte Anzunehmende Unfall (GAU) auftrat, waren Angst und Verunsicherung groß. Und jeder hat seine eigenen, kleineren Katastrophen: In München, wo ich damals studierte, sorgte schon 1984 ein Hagelschauer bislang nicht gekannten Ausmaßes für hohe Schäden. Vergessen werde ich auch nicht, wie ich 2002 im gerade vom Wasser der Weißeritz verwüsteten, Dresdner Hauptbahnhof stand. Auf Besuch in Sachsen, kehrte ich sehr eilig mit meiner Familie nach Baden-Württemberg zurück, ehe uns die angeschwollene Elbe den Weg abschneiden würde. Katastrophen machen Angst. Was ist das eigentlich genau? In unserem Fall wohl die Unmöglichkeit, die Folgen gegenwärtigen Geschehens vorauszusagen: Werde ich krank? Kann ich weiter arbeiten? Werden Handwerk, Handel und Industrie Schaden leiden – und wenn ja: Welchen? Wie geht es weiter mit Konzerten, Museen, Theatern, Kinos und allen damit verbundenen Akteuren? Weil alle diese Fragen nur mit einem großen Vielleicht – oder eigentlich überhaupt nicht – beantwortet werden können, haben viele Menschen Angst. Zugleich ist Angst ein lebensrettendes Gefühl, weil sie den uralten Fluchtreflex aufweckt. Sie ist ist aber nur so lange gesund, wie sie sich nicht umkehrt: Also zum uns beherrschenden, alles durchdringenden, nicht aufhörenden Erschrecken wird. Ich finde es wirklich gut, dass sich gerade der Satz „Bleiben Sie gesund!“ in unserem Sprachgebrauch einbürgert. Bestenfalls sind wir gerade dabei, eine neue Herzlichkeit zu lernen – und das kann kein Fehler sein. Und das – möglicherweise bald erzwungene – zu hause bleiben kann ja auch eine Chance sein: Lesen, gute Musik hören, Freunde anrufen, den Frühjahrsputz vorziehen.