Wortklauberei

Wer Kindern beim Großwerden zuschauen durfte, weiß, dass diese wundersamen Wesen zunächst beharrlich schweigen, dann, je nach Laune, lange Arien nonverbalen Plapperns aufführen, inzwischen längst jedes Wort der Eltern verstehen und schließlich, irgendwann, ins Stadium der Einwort-Sätze eintreten: „Paybackkarte?“ Stimmt, das ist was anderes, auch weniger poetisch als der Aufschrei des kleinen Filius am sonntäglichen Kaffeetisch, mit dem das Erscheinen eines gefiederten Zweibeiners am Küchenfenster bejubelt wurde: „Kassenbon?“ Äh: Einkaufstäglich werden mir an der Kasse meines Lebensmittelhökers solche Sätze um die Ohren gehauen, nachdem ich mich gerade von dem enervierenden, grottenschlechten „Rundfunk“ des Betreibers erholt habe; der, in einem wirklich merkwürdigen Pseudo-Hipster-Deutsch („das ist einfach supermega!“) die „Angebote der Woche“ in einen weich gewaschenen Tutniemandweh-Journalismus verpackt. Ein Graus, und man kann es nicht leise stellen.

Die Kinder, immerhin, lernen dazu, werden sogar erwachsen, ergreifen ihren Beruf und, oh Wunder, tragen manche Werte aus der Kinderzeit völlig selbstverständlich hinaus in die Welt. Sie reden nicht mehr Einwortsätze, sondern parlieren gekonnt, zuweilen sogar im Dialekt oder fremder Sprache. Nur beim Einkaufen kriege ich immer noch die Standardphrasen um die Ohren. Wie nennt man so was? Rückentwicklung, Regression?

Was hilft? Irgendwann bastele ich mir einen Button: „Ich nutze kein Payback und brauche keinen Kassenbon“ und hefte ihn an meine Jacke. Manchmal hilft auch ein freundliches Wort für die Frauen (und Männer), die da tagtäglich meinen Kram über ihren Kassen-Scanner zerren: Dann öffnet sich auf einmal ein Gesicht und für ein paar Momente können wir normal sprechen. Bloß: Es hält nicht an, leider.